Warum braucht das so lange?

von Dr. Donate Kluxen-Pyta

... fragen sich viele Eltern, Schülerinnen und Schüler mit Blick auf die Digitalisierung der Schulen in Deutschland. Statt das Blame-Game mitzuspielen schaut Donate Kluxen-Pyta konkret darauf, wo es läuft und wo es hakt.

Corona bringt vieles gnadenlos ans Licht, was schon vor der Krise im Argen lag, aber nicht wirklich beachtet wurde. Die Digitalisierung der Schule ist so ein Thema, das schon länger in der Pipeline steckte, aber bis zu Lockdown und distance learning keine Priorität hatte. Im Gegenteil war die Frage, ob digitale Medien in die Schule gehören, noch vor fünf Jahren eher strittig als klar bejaht. Auf den Podien der Republik saßen stets dieselben Ausnahme-Lehrkräfte, die innovativ voranschritten. Für die Grundschule galt der Einsatz digitaler Medien als völlig unangebracht, Eltern waren skeptisch. Die Treiber digitaler Bildung stellten in ihrer Euphorie wiederum steile Forderungen wie das Ende der Schreibschrift oder nach so tiefgreifenden Reformen, dass sie zwar manche begeisterten, aber die Mehrheit eher erschreckten oder am Rande der Debatte blieben.

Die Kultusministerien begriffen sehr wohl, dass sie mit digitaler Bildung durchstarten müssen. Wenn die Schule die jungen Menschen fit fürs Leben machen soll, gehören grundlegende digitale Kompetenzen dazu. Die IT-Anteile in der Stundentafel wurden erhöht, Lernplattformen aufgebaut, mehr digitale Medien genutzt – von affinen Lehrkräften. Länder und Kommunen investierten sukzessive in die Ausstattung. Die Kultusministerkonferenz hat 2017 die Strategie „Bildung in der digitalen Welt“ verabschiedet und 2019 die Standards für die Lehrerbildung um digitale Kompetenzen erweitert. Das Problem ist in der Regel aber nicht die Beschlusslage, sondern die Umsetzung vor Ort. Das gilt genauso übrigens innerhalb eines Bundeslandes, ja innerhalb einer Organisation.

Ideale Voraussetzungen für Online-Unterricht: So sieht es nicht in jeder Familie aus.

Bis sich Bund und Länder beim DigitalPakt zusammengerauft hatten, war in der Tat ein extrem zäher Prozess. Der Bund darf den Ländern „nur“ Geld zur Verbesserung der Bildungsinfrastruktur geben und vereinbaren, wofür es ausgegeben werden soll, die Umsetzung liegt bei den 16 Ländern. Genau genommen liegt sie aber bei den über 7.500 Schulträgern und letztlich bei den 50.000 Schulen und 830.000 Lehrkräften. An den langwierigen Freigabeketten einer gründlichen Bürokratie ist nicht der Föderalismus schuld; zudem rächt sich, dass die Digitalisierung der Verwaltung kaum vorangeschritten ist – ähnlich wie bei den Gesundheitsämtern…

Drei Viertel der Lehrkräfte haben sich inzwischen auf Online-Unterricht eingestellt, zeigt das Deutsche Schulbarometer. Aber: Nur ein Drittel der Schulen hat ein leistungsfähiges Netz – das hat nichts mit dem DigitalPakt zu tun, sondern mit Gemeinden und Internetanbietern. Server setzten beim Massenansturm aus. Was Lehrkräfte vor allem vermissen, sind verfügbare digitale Inhalte und praxisnahe Fortbildungen. Die Länder müssen in der Tat ihre Lehrerfortbildung neu konzipieren - weg vom vereinzelten Tagesseminar hin zum sequentiellen Team-Coaching. Da ist viel zu tun, denn Fernunterricht ist oft per Video übertragener Normalunterricht, während das volle Potenzial digitalen Lernens, etwa der KI, noch nicht präsent ist. Corona bringt dennoch einen Schub: Was im letzten Jahr erreicht wurde, hätte normalerweise fünf Jahre gebraucht.

Nicht das Blame-Game bringt weiter, sondern konkrete Initiativen: Beratungsteams mit IT-Kompetenz für Schulen, dauerhafter IT-Support durch Gemeinden, gegenseitige Übernahme von erfolgreichen Datenschutzprüfungen durch die Länder , Schnittstellen zur Vernetzung der vielfältigen Plattformen, aber sicherlich auch eine regelmäßigere Berichterstattung der Länder an den Bund und ein systematischeres Monitoring.

Dr. Donate Kluxen-Pyta ist stellvertretende Abteilungsleiterin Bildung bei der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA).

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