Mit Lern-Snacks fit für die Zukunft?

von Timo Taubitz

Im digitalen Wandel verkürzt sich die Halbwertszeit von Wissen rasant, die Komplexität nimmt zu. Das verlangt neue Skills, lebenslanges Lernen und neue Formen der Weiterbildung.

Ob Künstliche Intelligenz (KI) oder Mensch-Maschine-Kollaboration – digitale Technologien sind dabei, die Arbeitswelt grundlegend zu verändern - das gilt besonders auch für Ingenieure. Doch Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland sind für diese Herausforderungen nur unzureichend gerüstet. Laut Beschäftigungsausblick 2019 der OECD verfügen nur 50 Prozent der Berufstätigen über ausreichendes Know-how. Ingenieure sind zwar etwas besser aufgestellt, aber auch ihre digitale Kompetenz ist eher punktuell als profund.

Industrie 4.0, globales Teamwork und das Zusammenwachsen von Disziplinen wie Maschinenbau, Elektrotechnik und IT erfordern digitales Wissen. Ingenieure etwa müssen sich Kenntnisse in Programmierung, IT-Sicherheit, agilen Methoden und neuen Fertigungsverfahren wie Rapid Prototyping aneignen und genauso ein Grundverständnis für die Mechanismen von Automatisierung, KI und Robotik entwickeln. Zudem müssen sie in der Lage sein, die immer engere Kooperation dieser Bereiche in interdisziplinären Teams zu managen, Prozesse zu gestalten und gemeinsam Lösungen zu erarbeiten. Daher gewinnen auch fachübergreifende Qualifikationen immer mehr an Bedeutung. Ohne unternehmerisches Denken, Kommunikationsstärke, Eigenverantwortlichkeit, Kreativität und interkulturelle Kompetenz kommen Fach- und Führungskräfte künftig kaum noch aus.

Um die Chancen der digitalen Transformation bestmöglich zu nutzen, braucht der Arbeitsmarkt digitale Kompetenz – und ein neues Mindset: Offenheit für Veränderungen sowie die Bereitschaft, persönlich zu wachsen und lebenslang zu lernen. Diese Forderung ist nicht neu – gewinnt aber unter digitalen Vorzeichen an Aktualität: Wir müssen nicht nur massiv in Weiterbildung investieren, wir müssen sie auch neu denken.

Damit Ingenieure – aber auch viele andere Beschäftigte – Skills für die digitale Welt schnell, effizient und kontinuierlich erlangen können, benötigen wir neue Inhalte und Formen des Lernens. Etablierte Weiterbildungsformate wie Schulungen, Workshops und Konferenzen holen uns bewusst aus unserem Arbeitsalltag heraus und bieten Möglichkeiten zum Netzwerken. Darüber hinaus brauchen wir aber auch Lernformen, die sich dauerhaft in den Arbeitsalltag integrieren lassen – und eine Lernkultur, die selbstbestimmtes Lernen und intrinsische Motivation fördert, damit neues Wissen nachhaltig verankert wird. Auch Arbeitgeber sind dabei gefordert, ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu unterstützen, sich regelmäßig und mit zeitgemäßen Lernangeboten weiterzubilden.

Die wichtigsten Kennzeichen der neuen Lernkultur: Lernen und Arbeiten verschmelzen. Digitale Tools machen immer mehr Wissen zugänglich. Intelligente, KI-basierte Lernsysteme schaffen die Voraussetzungen für Workplace Learning und ermöglichen informelle Weiterbildung genau dann, wenn Wissen benötigt wird – bei Bedarf auch unterwegs. Und am besten in Form von Microlearning: kleinen Lern-Snacks wie Online-Tutorials, Podcasts oder Chats, die adaptives Lernen ermöglichen, indem sie genau die Kenntnisse vermitteln, die unserem Wissenstand und unseren Bedürfnissen entsprechen.

Eine Umfrage des Bundesverbands der Personalmanager unter rund 680 Personalmanagern aus deutschen Unternehmen zeigt, wie intensiv solche digitalen Lernangebote bereits heute genutzt werden: 68 Prozent der befragten Unternehmen setzen auf firmeninterne Lernplattformen wie Wikis, 74 Prozent auf Lernvideos, Podcasts oder Audio-Module. Mehr als 83 Prozent fördern interaktives webbasiertes Lernen und fast 86 Prozent webbasierte Selbstlernprogramme.

Selbstbestimmter Wissenserwerb gelingt umso erfolgreicher, je mehr er sich an individuellen Gewohnheiten orientiert. Deshalb setzen viele E-Learning-Formate Gamification-Elemente ein, wie etwa interaktive Frage-Antwort-Spiele (Quests) oder anonyme Highscore-Ranglisten, die innerhalb kurzer Zeit einen Einstieg in neue Themengebiete ermöglichen und positive Lernerlebnisse schaffen. Oder sie entwickeln weitere Angebote auf Basis von Augmented Reality-Anwendungen oder künstlicher Intelligenz.

Als innovativer Wissensvermittler für Ingenieure und technische Fachkräfte unterstützen wir beim VDI Wissensforum Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dabei, herauszufinden, welche Kompetenzen sie stärken und wie sie sich neues Wissen erarbeiten können. Dafür bieten wir ein breites Angebot an Kongressen, Workshops und Seminaren. Darüber hinaus starten wir neue E-Learning-Module, bei denen wir Microlearning mit Gamification-Elementen anreichern. Da unsere Seminar-Teilnehmer persönlichen Austausch und Networking sehr schätzen, setzen wir auch weiterhin auf Präsenzveranstaltungen und verknüpfen diese zukünftig mit digitalen Lernformaten. Denn für den Menschen als soziales Wesen ist Lernen immer auch Dialog und Austausch.

Timo Taubitz ist CEO des VDI Wissensforums. Mehr Infos unter https://www.vdi-wissensforum.de/

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