Mit Schwarmintelligenz zu innovativen Lösungen

von Gabriele Riedmann de Trinidad

Gabriele Riedmann de Trinidad erklärt, wie sie mit ihrer platform3L Unternehmen mithilfe von Schwarmintelligenz digitalisiert und dabei Beschäftigte für neue Technologien begeistert.

Gabriele Riedmann de Trinidad, Gründerin und Geschäftsführerin der platform3l GmbH

Zwischen 1970 und 2000 verdoppelte sich unser weltweites Wissen nur etwa alle acht bis zehn Jahre. Man konnte sich auf einen Beruf vorbereiten und mit wenig Weiterbildungsmaßnahmen „relevant bleiben“ für den Arbeitsmarkt. Die betriebliche Weiterbildung fokussierte über Jahrzehnte auf Prozessoptimierung im Unternehmen. Der Blick über den Tellerrand wurde der Effizienzsteigerung und dem Tagesgeschäft geopfert.

2017 verdoppelte sich unser weltweites Wissen schon alle 13 Monate. Dank neuer Technologien wird Wissen nicht mehr nur durch menschliche Forschung und Erfahrung generiert, sondern auch maschinell. Die Folge: Wir sind gerade am „Tipping Point“ der Wissensexplosion. Prognosen von IBM gehen davon aus, dass unser Wissen sich schon bald alle elf bis zwölf Stunden verdoppelt.

Wer nach den alten Mustern lernt und sich nicht weiterbildet, wird unausweichlich abgehängt werden. Das ist nicht nur ein Problem für Beschäftigte, das ist vor allem für die Firmen selbst schädlich, weil sie einen Großteil des Potenzials ihrer Beschäftigten einfach nicht ausschöpfen und ungenutzt liegen lassen.

Dabei probiert jeder Mensch gerne Neues aus, wenn er oder sie erkennt, dass das für die eigenen Bedürfnisse nützlich ist. Zudem sind die Beschäftigten in Deutschland grundlegend gut ausgebildet und verfügen bei einer durchschnittlichen Verweildauer im Unternehmen von elf Jahren über reichhaltig Erfahrung.

Genau aus diesem Grund habe ich vor vier Jahren die platform3L (3L = „LebensLanges Lernen“) gegründet. Mit unserem Software-as-a-Service-Angebot, dem Value-Creation-Framework, helfen wir Beschäftigten über den Tellerrand des Tagesgeschäfts hinaus zu schauen. Wir verbinden den Lernprozess mit dem Arbeitsprozess, damit die Neugierde der Beschäftigten geweckt wird und sie Spaß daran haben, Digitalisierung mit zu gestalten. Sie erhalten dazu regelmäßig E-Mails mit kleinen Innovationsimpulsen, bewerten Einsatzmöglichkeiten digitaler Technologien in ihrem Arbeitsumfeld und halten ihre Ideen fest, mit denen bestehende Prozesse verbessert werden könnten.

Neue Technologien und Ideen können so schneller ausprobiert und angewendet werden. Beschäftigte sehen dabei positive Effekte neuer Technologien, die sie als einfach zu nutzende Hilfsmittel kennenlernen, um konkrete Probleme zu lösen. Die Beschäftigten werden dadurch zu strategischen Beratern des Unternehmens, denn ihre Anwendungsideen entlang der Wertschöpfungskette werden gesammelt und an das Management gemeldet. So funktioniert Schwarmintelligenz.

Dazu ein konkretes Beispiel: The Coatinc Company ist eine Unternehmensgruppe aus dem Siegerland, die vor allem auf Verzinkung spezialisiert ist. Sie stand vor dem Problem, dass in der Auftragserfassung ihre Kunden zum Teil ungenaue Angaben bei der Abmessung der zu verzinkenden Objekte gemacht hatten. Kunden beauftragten das Unternehmen in der Regel telefonisch oder per E-Mail mit der Abholung ihrer Bauteile und gaben dabei die benötigte Ladefläche an. Die relativ hohe Fehlerquote bei den von den Kunden angegebenen Lademetern führte dazu, dass die Logistik nicht optimal geplant werden konnte. Die Folge waren entweder nicht ausgelastete LKW oder die Notwendigkeit, zusätzliche LKW anzufordern. Dies trieb die Marge nach unten.

Platform3L gab dem Unternehmen den entscheidenden Innovationsimpuls, um das Problem zu lösen: Die Ikea-App erlaubt, Möbelstücke aus dem Katalog virtuell in die eigenen Räume zu projizieren, um zu sehen, wie sie am besten hineinpassen. Genau diese Methode ließ sich auf das Problem der Verzinkerei anwenden, um sicher zu bestimmen, welche und wie viele LKW für den Transport der Kunden-Werkstücke erforderlich sind. 3L identifizierte ein Unternehmen, das solche Apps programmieren kann und stellte für die Umsetzung einen agilen Projektmanager zur Verfügung. Innerhalb von zwei Tagen konnte mithilfe der Erfahrung der Logistikmitarbeiterinnen und -mitarbeiter von Coatinc, dem Fachwissen des App-Herstellers und dem Methodikwissen des agilen Projektmanagers ein funktionsfähiger Prototyp entwickelt werden, der das Problem löste.

Mit vielen weiteren konkreten Anwendungen machen wir das enorme Potenzial neuer Technologien für Unternehmen wie Beschäftigte greifbar. Unser Ziel ist es dabei stets, Begeisterung für Neues zu schaffen und den Mehrwert für jeden zu adressieren.

Gabriele Riedmann de Trinidad ist Gründerin und Geschäftsführerin der platform 3L GmbH. Die Elektrotechnikingenieurin wurde bereits mehrfach unter die Top50 IT-Frauen Deutschlands gewählt.

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