New Pay: Macht Geld allein glücklich?

Immer mehr Unternehmen bieten ihren Beschäftigten neue, unkonventionelle Vergütungsmodelle an. Was verbirgt sich hinter dem New Pay Trend? Und für wen eignet sich das überhaupt?

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New Pay ist vor allem in Startups angesagt. Dort trifft eine junge, gut ausgebildete Generation von Beschäftigten, die flexibel und selbstbestimmt arbeiten will, auf eine unkonventionelle Unternehmenskultur, die dies nicht nur ermöglicht, sondern geradezu einfordert. Schnelligkeit, Agilität und eine hohe Leistungsbereitschaft stehen über festen Hierarchien, Prozessen und Arbeitszeiten. Die Höhe des Gehalts ist bei weitem nicht mehr der entscheidende Anreiz für eine Bewerbung. Intrinsische Motivation und Purpose werden immer wichtiger. Tatsächlich legen Studien nahe, dass individuelle leistungsabhängige Boni in kreativen und innovationsgetriebenen Bereichen sogar kontraproduktiv wirken können. Entscheidend ist die Gemeinschaftsleistung im Team.

Zentral sind bei neuen Vergütungsmodellen zwei Elemente: Erstens, die Orientierung an Benchmarks wie den individuellen Fähigkeiten, der Zugehörigkeitsdauer oder der Gesamtperformance des Unternehmens. Anstelle von individuellen Boni setzen viele Startups daher zum Beispiel auf Mitarbeiterkapitalbeteiligung. Zweitens, die demokratische Einbeziehung der Beschäftigten in den Gehaltsfindungsprozess. Bei letzterem reichen die Modelle etwa vom individuellen Festlegen des eigenen Gehalts, über die gemeinschaftliche Entscheidung im Team bis hin zur Einführung eines Gehaltsrats bestehend aus Beschäftigten und der Geschäftsführung. Wichtig ist bei all diesen Ansätzen, dass sie von der Belegschaft als fair und nachvollziehbar wahrgenommen werden.

Gepaart wird New Pay häufig mit einer besonders offenen Unternehmenskultur. Nicht selten dient diese auch als Kompensation für die häufig vergleichsweise geringen Gehälter in Start-ups. Motto: Wer als Startup nicht so viel zahlen kann wie traditionelle Unternehmen, der muss seinen Beschäftigten eben an anderer Stelle mehr bieten. Flache Hierarchien, mehr eigene Verantwortung und eine familiäre Atmosphäre sowie kostenloses Essen und Trinken im Büro sind nur einige Beispiele. Häufig nimmt das Thema Arbeitszeit eine besondere Rolle ein. Orts- und zeitflexibles Arbeiten, selbstbestimmtes Festlegen von individuellen Urlaubszeiten oder die Möglichkeit für Sabbaticals sind keine Seltenheit. Entscheidend ist dabei allerdings, dass dafür auch besonders hohe Leistungsbereitschaft und Commitment eingefordert werden.

Ansätze von New Pay werden allerdings auch in größeren, traditionelleren Unternehmen erprobt. Insbesondere im Entwicklungsbereich setzen Unternehmen wie Bosch zum Beispiel vermehrt auf selbstbestimmt arbeitende Teams, die auch über Teile ihrer Vergütung (mit-)entscheiden können. Aber auch in Tarifverträge finden innovative Vergütungsmodelle zunehmend Eingang. Dazu gehören zum Beispiel eine flexiblere Entgeltgestaltung durch Entgeltbänder statt fixer Tariflöhne oder die Ausweitung flexibler, übertariflicher Gehaltsbestandteile. Solche Regelungen finden sich etwa in Haustarifverträgen bei Bosch Connected Mobility Solutions oder dem IT-Dienstleister Atos. Zudem stellt sich in manchen Branchen oder Arbeitsbereichen die grundsätzliche Frage, ob mit der Neuorganisation von Arbeitsprozessen die tarifliche Eingruppierung von Beschäftigten in Entgeltgruppen nicht auf eine neue Grundlage gestellt werden muss. Bestes Beispiel ist hierbei der sog. Zukunftstarifvertrag der ING Deutschland, der den agilen Komplettumbau der Bank tarifvertraglich einrahmen soll. Auch die Frage von mehr Flexibilität und Eigenverantwortung in Sachen Arbeitszeit nimmt im Kontext von Tarifverhandlungen immer mehr zu. Ausdruck dessen sind zum Beispiel vereinzelte Wahlarbeitszeitmodelle wie bei der Deutschen Bahn oder in der Metall- und Elektroindustrie oder die selbstständige Festlegung von Arbeits- und Urlaubszeiten.

Während New Pay in Startups fast schon zum guten Ton gehört, sind solche Ansätze in traditionellen Unternehmen oder gar Tarifverträgen aber trotz allem noch die große Ausnahme und meist auf bestimmte Bereiche (IT) oder Branchen (Banken und Versicherungen) begrenzt. Das liegt vor allem daran, dass New Pay nicht nur Vorteile, sondern auch eine Reihe von Schwierigkeiten mit sich bringt. Zwar kann das Abkoppeln von Bezahlung und individueller Leistung positive Auswirkungen auf die Gesamtperformance eines Teams haben. Gleichzeitig birgt es aber auch die Gefahr, besonders leistungsstarke Beschäftigte zu demotivieren – dies gilt gerade in den Bereichen, in denen individuelle Leistung relativ einfach messbar und vergleichbar ist. Darüber hinaus bergen Gehaltsentscheidungen im Team großes Konfliktpotential, ganz besonders wenn sie mit gegenseitiger Leistungsbewertung einhergehen. Und schließlich können zu weitgehende tarifvertragliche Regelungen zum Thema Vergütung oder Arbeitszeit insbesondere kleine Unternehmen finanziell, aber auch administrativ überlasten. Was in relativ homogenen Startups gut funktioniert, muss in größeren und heterogenen Unternehmen nicht zwangsläufig erfolgreich sein. Das gilt erst recht für ganze Branchen, die auf differenzierte tarifvertragliche Lösungen angewiesen sind. Mit New Pay verhält es sich also wie mit allen neuen Konzepten und Buzzwords im New Work-Kontext: viele interessante Ansätze, aber kein Allheilmittel für die schöne neue Arbeitswelt.

New Pay war auch Thema bei der #futurework20. Wer sich das Panel "New Pay - ist Zeit das neue Geld?" noch einmal anschauen will - hier geht's zum Video.

 

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